Das neue 70-180mm Tele-Zoom mit Blende F/2.8 ist Tamrons dritter Streich im Trio der lichtstarken Kompakt-Zooms für Sonys E-Mount. Neben dem 17-28mm und 28-75mm, komplettiert das Tele die Reihe, die sich durch eine hohe Lichtstärke mit Blende F2.8 und gleichzeitig geringer Größe und Gewicht auszeichnen soll. Dafür verzichtet Tamron auf 20mm Brennweite am oberen Ende und geht damit, im Vergleich zur Konkurrenz, andere Wege. Ob die fehlenden 20mm der einzige Kompromiss ist, oder es weitere Abstriche gibt, erfährst du hier.
Tamron 70-180mm F/2.8: Eine Übersicht
Objektiventwicklung heißt gleichzeitig auch, dass gewisse Kompromisse gemacht werden müssen. Soll ein Objektiv lichtstark sein, wird eine ausreichend große Linse benötigt und damit steigen Gewicht und Größe (sowohl der Durchmesser als auch die Gesamtgröße). Besonders im Tele-Bereich bedeutet eine höhere Lichtstärke mehr Gewicht und Größe, denn diese nehmen bei längere Brennweite deutlich zu. Je mehr optisches Glas in einem Objektiv verbaut ist, um so teurer wird dieses Objektiv auch.
Der einfachste Weg, um das Objektiv kompakt zu gestalten und den Preis möglichst gering: der Verzicht von Lichtstärke. Doch rühmt sich Tamron gerade damit, dass sie ein Trio ( oft auch „Holy Trinity“ genannt) lichtstarker Zooms entwickelt haben, die trotzdem noch kompakt und im Vergleich zur Konkurrenz auch preiswert sind. Tamrons Kompromiss ist der Verzicht auf Brennweite. Die herkömmlichen „Brot und Butter“ Brennweiten eines Fotografen sind 14-24mm, 24-70mm und 70-200mm – alle natürlich mit einer Blende von F/2.8. Tamron spart hier sowohl am weiten als auch am Tele-Ende, mit dem neuen 70-180mm, das den Abschluss dieser Reihe bildet.
Lesen: Die besten Objektive für Sony Kameras
Die Fakten
Mit einer Größe von 149mm x 81mm (Länge x Durchmesser) und einem Gewicht von lediglich 810g ist das neue 70-180mm wirklich kompakt und passt somit bequem in den Fotorucksack. Dies erreicht Tamron jedoch nur durch einen kleinen Trick: Der Objektiv-Tubus fährt beim Zoomen heraus und beträgt bei 180mm Brennweite eine Länge von ca. 175mm.
Durch diesen Mechanismus kann Staub und Wasser jedoch leichter in das Objektiv gelangen. Tamron gibt an, dass das Objektiv gegen Spritzwasser geschützt ist. Wie gut, muss noch abgewartet werden. Des Weiteren ist die Frontlinse mit einer wasser- und fettabweisenden Fluor-Vergütung geschützt. So lässt sie sich leicht reinigen und die Bildung von Fettflecken durch Finger wird verhindert.
Tamron verzichtet auf “Schnickschnack”
Damit der Tubus nicht aus Versehen alleine ausfährt, wenn die Kamera mal über der Schulter hängt, hat das Objektiv einen Zoomlock-Schalter spendiert bekommen. Wer mehr Funktionen am Objektiv sucht, der sucht allerdings vergeblich.
Um das geringe Gewicht wahren zu können, hat Tamron auf sämtlichen „Schnickschnack“ verzichtet. Kein AF-/MF-Schalter, keine optische Bildstabilisation, kein Fokus-Limiter. Auch auf eine Stativ-Schelle hat Tamron verzichtet, was angesichts des geringen Gewichts jedoch nachvollziehbar ist, da dieses Objektiv gut in der Hand zu halten und nicht unbedingt auf einem Stativ zuhause ist.
Das 70-180mm kommt sehr puristisch daher. Tamron bleibt sich hier seiner Linie ganz treu. Auch bei seinen Begleitern wird auf Einfachheit gesetzt: Ein Zoom-Ring und ein manueller Fokus-Ring, Ende.
Liebhaber der Makrofotografie können mit dem 70-180er auch auf ihre Kosten kommen, zumindest ein wenig: Mit einer Naheinstellgrenze von 27 cm bei 70mm Brennweite, ergibt sich ein Abbildungsmaßstab von 1:2. Nicht ganz im Bereich von Makroaufnahmen, jedoch genug, um Blumen oder größere Insekten groß rauszubringen. Das ist aber nur im manuellen Fokus möglich. Die Naheinstellgrenze für den gesamten Tele-Bereich beim Autofokus gibt Tamron mit 85 cm an.
Wie schon bei seinen Kompagnons, liegt der Filterdurchmesser bei 67mm. Damit können Polarisationsfilter, Graufilter oder UV-Filter ganz einfach getauscht werden, ohne Adapterringe oder sonstiges. Auch die Objektivdeckel lassen sich ohne Probleme untereinander tauschen. So können Kosten und viele Extras, wie Filterhalter und verschiedene Filtergrößen, gespart werden.
Details zum Autofokus
Ein Highlight ist der neu spendierte Autofokus. Der VXD-Autofokus (Voicecoil eXtreme-torque Drive) arbeitet laut Tamron flüsterleise und auf 0,005mm genau. Der AF-Motor mit Linearantrieb besitzt einen Floating-Mechanismus mit zwei elektronisch gesteuerten VXD-Modulen, die auch bei schnellen Bewegungen für optimale Schärfe sorgen und bei jeder Einstellentfernung ein optimales Ergebnis liefern sollen. Diese Info erfreut nicht nur Fotografen, sondern auch Filmer, die auf einen schnellen und besonders leisen Autofokus angewiesen sind, um interne Störgeräusche zu vermeiden.
Das 70-180mm F/2.8 ist zudem kompatibel mit den fortschrittlichsten Funktionen der Sony Alpha Kamerasysteme. Dazu zählen:
- Fast Hybrid Autofocus
- Augenerkennungs- AF
- Direkter Manueller Fokus (DMF)
- Integrierte Objektivkorrektur (Vignettierung, Farbsäume, Verzeichnung)
- Update der Objektiv Firmware über den Kamera Body
Die optische Konstruktion des Objektives verspricht höchste Bildqualität. Tamron hat insgesamt 19 Elemente in dem 70-180er verbaut. Die Anordnung der speziellen Gläser soll chromatische Aberrationen korrigieren und auch im Randbereich für eine hohe Auflösung und Detailtreue sorgen. Dazu sind die verarbeiteten Gläser mit Tamrons BBAR-G2-Vergütung versehen (Broad-Band Anti-Reflection Generation 2), die Geisterbilder und Lichtreflexe im direkten Gegenlicht auf ein Minimum reduzieren soll.
Soweit so gut. Aber wie schlägt sich das neue Objektiv in der Praxis?
Testberichte: Das sagen die Experten
Die größte Frage bei einem Objektiv, die meist ganz am Anfang steht ist sicher: Ist das Objektiv auch scharf? Natürlich hat die Abbildungsleistung eines Objektives auch immer etwas mit der verwendeten Kamera zu tun, jedoch kann ich diese Frage mit einem soliden „Ja“ beantworten.
So scharf ist das Tamron 70-180mm
In allen derzeit lesbaren oder auch sichtbaren Testberichten wird dem neuen 70-180mm von Tamron eine sehr gute Abbildungsleistung, beziehungsweise Schärfe zugesprochen. Die Bildqualität ist bereits offenblendig bei F/2.8 hervorragend und verbessert sich durch abblenden nur marginal, so dass es lediglich bei 100% Vergrößerung auffällt.
Die höchste Bildqualität erreicht das Tamron in der Bildmitte. Hier bietet es den Testberichten zufolge eine hervorragende Schärfe bereits ab Blende F/2.8. Aber nicht nur im Zentrum fällt das 70-180mm mit einer hervorragenden Schärfe auf. Auch an den Rändern bietet es eine immer noch sehr gute Bildqualität, die nach einigen Testberichten, auf Augenhöhe mit dem doppelt so teuren Sony FE 70-200 F/2.8 GM liegt.
Wer einen ausführlichen Schärfe-Test sucht, der ist mit dem Bericht von Krolop & Gerst auf YouTube gut beraten. Sowohl an der hochauflösenden Sony Alpha 7R IV als auch an der Sony Alpha 7 III liefert das Tamron sehr gute Ergebnisse ab und überrascht mit den guten Ergebnissen. Was diesem (sehr ausführlichem) Bericht jedoch fehlt, ist ein fundierter Test des Autofokus. Allgemein beschleicht einen etwas das Gefühl, dass dieser Test viele Eigenschaften des Tamrons in den Himmel hebt und etwas zu viel des Guten verspricht.
Zum Bereich der Bildqualität gehören auch chromatische Aberrationen und Ghosting. Das 70-180mm von Tamron kann bei beiden Kriterien punkten und zeigt, wenn überhaupt, nur minimale CA’s und kaum Ghosting. Jedoch muss hier auch noch ein Wort über die verwendete Kamera verloren werden, was in den meisten Testberichten zu kurz kommt. Die aktuellen Sony Alpha Kameras bieten eine automatische Korrektur von chromatischen Aberrationen. In den meisten Testberichten wird dies leider nicht erwähnt und es ist somit nicht ganz klar, ob diese an oder ausgeschaltet war.
Vignette & Bokeh
Der letzte Punkt in Sachen Bildqualität ist die Vignette. Hier gibt es durchaus unterschiedliche Testergebnisse. Fakt ist, das Tamron 70-180mm vignettiert bei Blende F/2.8 natürlich, wie jedes andere Telezoom. Die Stärke der Vignette ist aber noch vollkommen im Rahmen und lässt sich durch einen einfachen Klick in der Nachbearbeitung komplett entfernen (sofern dies erwünscht ist).
In den meisten Berichten wird dem Tamron eine stärkere Vignette im Vergleich zum Sony 70-200 GM nachgesagt. Jedoch ist dies kein Wunder, da das Sony mit einem Filterdurchmesser von 77mm auch deutlich mehr Glas zu Verfügung hat, um die Vignette kleiner zu halten als das Tamron mit seinen 67mm.
Auch das Bokeh vom Tamron lässt sich sehen. Die Bokeh-Bälle sind ansehnlich rund und etwas größer als die des Sony G Masters. Der Gesamteindruck des Bokehs wird in den Testberichten als etwas weniger ansehnlich als beim Sony GM beschrieben, jedoch ist dies auch ein sehr subjektives Kriterium.
Als Zwischenfazit zur Bildqualität lässt sich festhalten, dass Tamron mit dem neuen 70-180mm F/2.8 auch nach praktischen Test, ganze Arbeit geleistet hat und der Konkurrenz von Sony in (so gut wie) nichts nachsteht.
Wie gut ist der Autofokus?
Doch was bringen einem scharfe Bilder, wenn diese nicht zu 100% im Fokus sind? Der von Tamron hoch gelobte Autofokus des Objektivs ist den Experten zufolge sehr gut. Im Review von Stephan Wiesner erzielt das Tamron an der Sony Alpha 9 II gute Ergebnisse. Von 10 Bildern sind im Mittel 6 perfekt im Fokus. Das Testszenario war ein frontal heran laufender Hund.
Der Autofokus hängt, nach dessen Aussage, bei schnellen Motiven etwas hinterher und es waren in der Testreihe einige Bilder dabei, auf denen nicht das Gesicht des Hundes, sondern eher das Hinterteil, im Fokus waren. Dies ist jedoch auch ein sehr schwieriger Test, da eine Motiv-Verfolgung frontal auf die Kamera, immer schwieriger ist als eine seitliche.
Für den Hobbyfotografen ist diese Trefferquote (die allerdings mit der aktuell besten Sportkamera von Sony getestet wurde) wirklich gut. Auch an der APSC Kamera Sony Alpha 6400 wurde das Objektiv getestet und hat ähnlich gute Resultate erzielt. Das Sony G Master hatte im Vergleich dazu 9 von 10 Treffern. Nun lässt sich zwar sagen, dass diese drei Bilder mehr zwar nicht so viel seien, jedoch sind diese drei Bilder für einen Profifotografen, der Sport fotografiert, die Bilder, die den unterschied machen können.
Der Autofokus im Video arbeitet leise und Präzise. Auch die Augenerkennung funktioniert, laut Testberichten, tadellos für Film und Foto.
Ein Plastikobjektiv?
Die Haptik des 70-180er ist gut, jedoch fühlt es sich laut den Testberichten nicht so hochwertig an, wie beispielsweise Sonys 70-200 F/2.8. Dies liegt größten Teils an der leichteren Bauweise und den verwendeten Materialien. Während sich das Tamron eher glatter und mehr nach Plastik (keine negative Wertung!) anfühlt, kommt das Sony G Master mit einer metallischeren und matteren Haptik daher. Dies zieht sich bis zur Gegenlichtblende hin, die beim Tamron einfach aus Plastik besteht und bei Sony auf der Außenseite eine matte Beschichtung verliehen bekommen hat und auf der Innenseite mit Samt ausgestattet wurde.
Jedoch hat dies keinen Einfluss auf die grundsätzlich gute Verarbeitung des Objektivs. Aufgrund der geringen Größe und des geringen Gewichts, lässt sich das Objektiv wunderbar auf reisen mitnehmen und sehr gut über einen längeren Zeitraum auch tragen, ohne, dass es störend oder lästig wirkt.
Hin und wieder wird das Gefühl der Haptik des 70-180mm mit dem eines 24-70mm Objektivs vergleichen, da es beispielsweise auch eine ähnliche Größe wie das 24-70mm GM von Sony aufweist.
Die puristische Ausstattung des Tamron wird in den Testberichten als ein störender Faktor beschrieben. In einigen Situationen wäre ein AF-/MF-Schalter sehr nützlich, genau wie ein Multifunktionsknopf, der mit einer beliebigen Funktion belegt werden kann. Der fehlende Bildstabilisator macht sich nur in seltenen Umständen bemerkbar, denn die meisten Alphas haben IBIS (In Body Image Stabilization) per se an Bord.
180mm vs. 200mm
Die fehlenden 20mm Brennweite klingen auf dem Papier zwar sehr gering, jedoch machen sie in der Praxis einen merkbaren Unterschied aus. Die Kompression ist im Telebereich ein wichtiger Faktor, wenn es um die Freistellung und das Bokeh eines Motives geht. Bei einem Portrait-Shooting fehlen diese 20mm und der gewünschte Kompressionseffekt ist nicht so stark, wie gewünscht. Auch bei Nahaufnahmen kann die geringere Brennweite möglicherweise für einen gewünschten Freistellungseffekt für Enttäuschung sorgen. Jedoch sind dies marginale Unterschiede, die lediglich in der professionellen Fotografie auffallen.
Die Testberichte des 70-180mm lesen sich sehr positiv und bis auf einige kleine Schwächen, die für den Hobbyfotograf keinen Unterschied ausmachen dürften, hat Tamron einen echten Trumpf ausgespielt.
Preise und Verfügbarkeit
Nachdem sich das Tamron auch in der Praxis sehr gut schlägt, fragst du dich sicher, wann es erscheint und wieviel es kostet. Tamron gibt als Datum für die Markteinführung den 14. Mai an. Jedoch kannst du das Objektiv jetzt schon bei vielen Händlern vorbestellen.
Die UVP für das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD für Sony FE-Mount beträgt 1999€. Der Straßenpreis liegt jedoch für Vorbestellungen bei 1499€. Im Vergleich dazu liegt das Sony FE 70-200 G Master bei einem Straßenpreis von 2699€. Das Tamron bietet sehr viel Objektiv für vergleichsweise wenig Geld und ist eine klare Kaufempfehlung für Hobbyfotografen und Fotoenthusiasten.
Alternativen zum Tamron 70-180mm
Sony FE 70-200mm F/2.8 GM
Das 70-200 G Master von Sony ist fast doppelt so teuer und mit einem Gewicht von ca. 1,5 KG auch fast doppelt so schwer. Es ist die Wahl der Profis und das nicht ohne Grund: Im Bildzentrum ist das Sony noch einen Hauch schärfer als das Tamron und bietet ein ansehnlicheres Bokeh.
Der Autofokus ist beim Sony zuverlässiger und laut Experten noch einen Tick schneller. Zudem ist es besser und hochwertiger Verarbeitet und bietet allerhand Einstellungen direkt am Objektiv. Das G Master ist Wetter geschützt und mit einem internen Zoom ausgestattet. Dazu liefert es eine optische Bildstabilisierung. Die Naheinstellgrenze liegt mit 90cm etwas über der des Tamron und führt nur zu einem Abbildungsmaßstab von 1:4. Der Hobbyfotograf und Enthusiast wird in den Ergebnissen keinen großen Unterschied zum Tamron feststellen.
Sony FE 70-200mm F/4 G
Im Gegensatz zum Tamron bietet das Sony eine Blende weniger Licht. Ausgefahren ist das 70-180mm von Tamron genau so groß wie das Sony G Objektiv. Jedoch ist das Sony 30g schwerer und hat mit 72mm einen größeren Filterdurchmesser als das Tamron.
Das Sony 70-200mm F/4 ist mit einem Straßenpreis von 1099€ rund 400€ günstiger als das Tamron. Im Gegensatz zum Tamron, bietet es aber einen langsameren Autofokus und die deutlich schlechtere Bildqualität. Auch der Verlust einer Blende macht sich deutlich im Bokeh bemerkbar. Hier hat Tamron die Nase vorn.
Sony FE 70-300mm F/4.5-5.6 G
Mit einer Brennweite von 70mm bis 300mm ist es das variabelste und längste unter den Objektiven. Dafür büßt es eine Menge Licht ein mit einer variablen Blende zwischen F/4.5 und F/5.6. Preislich liegt es zwischen dem Tamron und dem Sony F/4 mit einem Straßenpreis von 1129€.
Die Bildqualität ist auf dem Niveau vom 70-200 F/4 G. Der Autofokus arbeitet an den neuen Alphas gut und zuverlässig, aber nicht auf dem Niveau vom Tamron oder G Master. Auch der Freistellungseffekt ist nicht so deutlich wie bei den oben erwähnten Objektiven.
Mit einer Größe von 144mm (im eingefahrenen Zustand) und einem Gewicht von 850g, ist es im Bereich des Tamron angesiedelt und auch aufgrund der längeren Brennweite, ein solides Objektiv für Reise-, Tier- oder Sportfotografie. An die Leistung des Tamron 70-180mm F/2.8 kommt es allerdings nicht heran.