In der modernen Fotobranche dreht sich gefühlt alles nur noch um Megapixelrekorde und High-End-Bildqualität. Grundlegende Aspekte der Fotografie wie Kreativität und Experimentierfreude bleiben allzu oft auf der Strecke im ewigen Wettlauf um die beste Technik. Umso schöner, dass es doch immer wieder ungewöhnliche und mitunter skurrile Ideen wie Lomo- oder hybride Sofortbildkameras auf den Markt schaffen. Das Entwickler-Duo Ruha Cheng und Ping-Hsun “Penk” Chen aus Taiwan treibt es nun auf die Spitze und präsentiert auf der Plattform GitHub eine Kamera zum Selberbauen.
Das Projekt trägt den Arbeitstitel RUHAcam und liefert euch Bauanleitung und Software für eine superkompakte DIY-Kamera im Retro-Stil. Die dafür benötigte Technik besteht zum Großteil aus dem Einplatinencomputer Raspberry Pi, einem dazugehörigen Kameramodul und einem Gehäuse aus dem 3D-Drucker. Frei nach dem Motto “Do it yourself” ist das Projekt open-Source-basiert, kann also nach Herzenslust modifiziert und erweitert werden. Wer schon immer mal eine Digitalkamera von Grund auf selbst konstruieren wollte: Mit RUHAcam bekommt ihr nun die Möglichkeit dazu.

Das Herzstück ist ein Raspberry Pi mit dazugehörigem Kameramodul
Der Begriff Raspberry Pi mag für die meisten Fotograf*innen Neuland sein. Kurz erläutert handelt es sich hierbei um eine Art Mini-Computer, bestehend aus lediglich einer Platine, welcher sich bei Hackern, Programmierern und Hobby-Techniker*innen aufgrund der schier grenzenlosen Verwendungsmöglichkeiten seit Langem großer Beliebtheit erfreut. Die Grundlage für die RUHAcam bildet das Kleinstmodell Raspberry Pi Zero WH. Als Stromquelle dient der RUHAcam ein handelsüblicher 2000mAh LiPo-Akku aus dem Modellbau. Fehlt natürlich noch das Wesentliche: die Kamera.
Hierfür nutzt die RUHAcam der Einfachheit halber das Raspberry Pi HQ Kameramodul vom gleichen Hersteller. Das winzige Modul hält als Bildsensor einen Sony IMX477 mit 1/4″ und 1,55μm × 1,55μm Pixelgröße parat. Für bessere Empfindlichkeit gegenüber den Vorgängermodellen verfügt der Sensor sogar über Backside Illumination (BSI). Mit den 12,3 Megapixel lassen sich Fotos mit einer Auflösung von 2592 x 1944 Pixeln und Videos in 4K mit 30 fps aufzeichnen. Das ins Kameramodul integrierte Bajonett Kameramodul unterstützt separat erhältliche Objektive mit C- und CS-Mount. Direkt beim Hersteller erhältlich sind zwei Varianten mit 6 mm und 16 mm Brennweite. Auch ein Stativgewinde ist im Kameramodul integriert.
Lesen: Polaroid Go: Kult-Kamera im Mini-Format
Das Kameragehäuse kommt aus dem 3D-Drucker
Sind Raspberry Pi, Kameramodul und Akku nebst zugehöriger Bauteile miteinander verbunden, ist die RUHAcam auch schon fast einsatzbereit. Das dazugehörige Gehäuse kommt druckfrisch aus dem 3D-Printer. Entsprechende Pläne für den Druck sind auf der Projekt-Website zu finden. Solltet ihr keinen 3D-Drucker zur Hand haben, könnt ihr natürlich auch ein beliebiges Behältnis eurer Wahl verwenden. Für einen Sucher bleibt im ursprünglichen Entwurf der RUHAcam ohnehin kein Platz. Ihr bedient die Kamera im Live-View über ein 2,2″-TFT-Display. Optional könnt ihr eure eigene RUHAcam nach erfolgreichem Zusammenbau nach euren Wünschen lackieren und für besseren Grip natürlich auch mit einer Gummierung versehen.
Anschließen muss nur noch der Code auf den Raspberry Pi aufgespielt werden und fertig ist die selbst hergestellte Point-and-Shoot-Kamera. Gespeichert werden die Fotos auf einer normalen MicroSD-Karte, laden könnt ihr die Kamera über einen USB-Anschluss. Selbstverständlich ist die RUHAcam als reines Spaßprojekt zu verstehen, weshalb wir über die Bildqualität dieser kleinen Kamera Marke Eigenbau an dieser Stelle keine weiteren Worte verlieren möchten. Wer Lomographie mag, wird am Bau der RUHAcam jedenfalls Freude haben und sie sicherlich auch im Alltag gern nutzen. Als Geschenk für Hobby-Bastler*innen und Fotograf*innen ist die RUHAcam ebenfalls eine tolle Option.

Bauanleitung und benötigte Komponenten für eure eigene RUHAcam
Das Projekt RUHAcam versteht sich als Open-Source-Projekt und steht unter der MIT-Lizenz. Es steht euch also frei, ob ihr die RUHAcam als exakte Replik nach den Plänen nachbaut oder auf Basis der RUHAcam eine eigene DIY-Kamera entwerft. Ihr könnt nach Belieben modifizieren und weiterentwickeln, denn genau davon leben solche Projekte. Sämtliche Infos und die Bauanleitung für die RUHAcam findet ihr auf der GitHub-Website zum Projekt. Für den Bau der Kamera benötigt ihr folgende Komponenten, welche auch hierzulande problemlos im Elektronik-Fachhandel zu beschaffen sind:
- Raspberry Pi HQ Kamera
- Raspberry Pi Zero WH
- microSD-Karte
- Objektiv
- 2,2″ TFT-Display
- TP4056 Micro-USB Ladeplatine
- MT3608 DC-DC Spannungsregler
- 2000mAh LiPo-Akku
- Netzschalter
- Auslöser
- Dupont-Überbrückungsdrähte
- 3D-gedrucktes Gehäuse (oder Eigenbau)
- Gummierung (optional)
Sämtliche Komponenten ohne das Gehäuse sind je nach Qualität und Ausführung für bereits deutlich unter 150,00 Euro im Handel erhältlich.
Laut Aussage des Entwickler-Duos Ruha Cheng und Ping-Hsun “Penk” Chen soll die RUHAcam stetig weiterentwickelt werden. Alle Infos zum Projekt werden auf der RUHAcam GitHup-Page veröffentlicht.